Ein regelmäßiger Blick auf die Beschaffenheit der Fingernägel lohnt sich, denn sie sind erstaunliche kleine Fenster zu unserer Gesundheit.
Weihrauch und Myrrhe kennen die meisten aus der Weihnachtsgeschichte – als Gaben der Heiligen Drei Könige an das Jesuskind. Doch auch als Heilmittel haben die Harze eine lange Tradition.
Als sich die drei Weisen aus dem Morgenland auf den Weg machten und dem Stern folgten, der sie nach Bethlehem führte, hatten sie laut biblischer Überlieferung besondere Geschenke für das neugeborene Christuskind im Gepäck: Gold, Weihrauch und Myrrhe.
Neben Gold galten seinerzeit auch Weihrauch und Myrrhe in vielen Kulturen als wertvolle Güter, denn Ernte und Transport waren aufwendig und zeitintensiv. Zudem hatten beide Substanzen schon damals eine kultische beziehungsweise religiöse Bedeutung.
Aber nicht nur symbolisch, sondern auch medizinisch spielten Weihrauch und Myrrhe bereits vor mehr als 2000 Jahren eine große Rolle. Jetzt erleben die Heilpflanzen in der modernen Medizin ein Comeback.
Weihrauch – der Duft des Himmels
Schon die alten Ägypter nutzten das goldene Harz des Weihrauchs bei rituellen Handlungen. In der katholischen Kirche ist Weihrauch ebenfalls von großer Bedeutung und fester Bestandteil der Liturgie. Es wird bei festlichen Anlässen wie etwa der Weihnachtsmesse angezündet und symbolisiert die zum Himmel aufsteigenden Gebete der Gläubigen.
Charakteristisch für Weihrauch, auch Olibanum genannt, ist dabei der Duft, den das Harz beim Verglühen entwickelt. Daneben soll Weihrauch desinfizierende und entzündungshemmende Fähigkeiten besitzen.
Auch das war den Menschen bereits in der Antike bekannt. Sie setzten Weihrauch unter anderem zur Behandlung von Wunden ein sowie bei Verdauungsbeschwerden oder Erkrankungen der Atemwege. Im Mittelalter schätzte Hildegard von Bingen seine Wirkung bei Hörproblemen, während er in Indien in der ayurvedischen Medizin traditionell bei Infektionen verwendet wird.
Weihrauch gegen Entzündungen?
Weihrauchharz enthält neben ätherischen Ölen auch Harzsäuren, vor allem die sogenannten Boswelliasäuren. Ein Forschungsteam der Universität Jena und der Louisiana State University konnte zeigen, dass sie die Bildung von entzündungsfördernden Botenstoffe (Leukotrienen) blockieren. Doch damit nicht genug: Sie können das normalerweise entzündungsfördernde Enzym 5-LipoxygÖlenase sogar so umprogrammieren, dass es entzündungshemmend wirkt.
Die positive Wirkung von Weihrauch konnte auch in klinischen Studien nachgewiesen werden. Zudem hat er sich als gut verträglich erwiesen. Aufgrund der positiven Ergebnisse gehen einige Fachleute davon aus, dass Weihrauch bei der Behandlung von entzündlichen Erkrankungen der Gelenke wie Rheuma oder Arthritis sowie bei Asthma bronchiale zukünftig eine größere Rolle spielen könnte. Auch Patientinnen und Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen könnten davon profitieren.
Allerdings ist die Forschung noch nicht weit genug fortgeschritten, sodass Weihrauchpräparate hierzulande bislang nicht als Arzneimittel zugelassen sind. Lediglich homöopathische Präparate, Nahrungsergänzungsmittel und Pflegeprodukte mit Weihrauch sind erhältlich. Auch bei uns in Ihrer Apotheke finden Sie Präparate mit Weihrauchextrakt in Form von Kapseln zum Einnehmen oder als Salben zur Ergänzung bei Gelenkbeschwerden.
Weihrauch als Exportschlager
Die Weihrauchstraße von Südarabien bis zum Mittelmeer war neben der Seidenstraße eine der wichtigsten Handelswege der Antike. Dabei benötigten die Karawanen meist mehrere Wochen, um Weihrauch und Myrrhe sowie andere Güter aus ihren Ursprungsländern zu den Häfen Richtung Europa zu transportieren.
Weihrauchbäume (Boswellia) wachsen bevorzugt in trockenen Gebieten Afrikas und Asiens, zum Beispiel in Somalia, Äthiopien oder im Oman. Auch in Indien wird hochwertiger Weihrauch gewonnen. Dazu ritzt man die Rinde des Weihrauchbaumes an, lässt den Saft herauslaufen und dann an der Sonne trocknen, bevor man ihn als Harz abkratzt und bei Bedarf weiterverarbeitet.
Myrrhe – Arzneipflanze des Jahres 2021
Ob bei den alten Griechen, den Römern oder im arabischen Raum, ähnlich wie der Weihrauch hat auch die Myrrhe seit jeher sowohl kulturell als auch medizinisch eine große Bedeutung. Sie ist eine der ältesten Heilpflanzen der Welt und schon vor 3000 Jahren in Schriften als Heilmittel dokumentiert.
Myrrhe wurde traditionell zur Wundheilung sowie bei Infektionen verwendet – entweder als Tinktur oder als Salbe. Auch als Parfum und Duftmittel kam das Harz zum Einsatz, etwa um auf den Straßen den Geruch der Kanalisation zu überdecken.
Zwischenzeitlich kam die Myrrhe als Allheilmittel etwas aus der Mode. Gegenwärtig erlebt sie ein Comeback und wurde vom interdisziplinären Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde an der Universität Würzburg sogar zur Arzneipflanze des Jahres 2021 gekürt.
Vielseitige Myrrhe
Die dornigen Myrrhesträucher und -bäume (Commiphora) werden bis zu drei Meter hoch und bevorzugen trockene Standorte. Sie wachsen ebenfalls im Nordosten Afrikas, auf der arabischen Halbinsel und in Indien. Verwendet und verarbeitet wird das Gummiharz der Pflanzen, die eigentliche Myrrhe. Es bildet sich unter der Rinde. Wie beim Weihrauchbaum wird der Stamm zunächst aufgeritzt und später das getrocknete Harz gesammelt.
Myrrhe für die Schleimhäute
Myrrhe enthält vor allem Harze, Terpene, Bitter- und Gerbstoffe sowie ätherische Öle. Ihre Inhaltsstoffe haben eine desinfizierende, antientzündliche, antimikrobielle und daher auch eine wundheilende Wirkung. Außerdem wirken sie adstringierend. Das heißt, sie sorgen dafür, dass sich das Gewebe zusammenzieht.
Besonders bewährt hat sich die Anwendung der Myrrhe daher bei leichten Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut. Entsprechende Präparate wie Mundspülungen, Zahncremes, Gels oder Tinkturen mit Myrrhe erhalten Sie bei uns in Ihrer Apotheke.
Wenn Sie unter Mundgeruch leiden, sind Mundsprays oder Mundwasser mit Myrrhe, Blutwurz und Roter Ratanhia eine gute Wahl, denn sie legen eine Schutzschicht über die Schleimhaut, wirken geruchsneutralisierend und desinfizierend.
Auch bei Magen-Darm-Beschwerden kann Myrrhe die Symptome lindern. In der Kombination mit Kamillenblütenextrakt und Kaffeekohle wirkt ein zugelassenes Arzneimittel mit Myrrhe sehr gut gegen Durchfall sowie bei leichten Krämpfen. In Studien konnte auch eine Wirksamkeit als Begleittherapie bei Colitis ulcerosa (chronische Dickdarmentzündung) gezeigt werden.
Hautpflege mit Myrrhe
Zur Pflege bei trockener und rissiger Haut einfach bis zu 15 Tropfen ätherisches Myrrheöl mit 50 Millilitern Mandelöl aus Ihrer Apotheke mischen und sanft in die Haut einmassieren.
Weihrauch als Weihnachtsduft
Sie möchten in der Weihnachtszeit einfach mal zur Ruhe kommen? Füllen Sie ein paar Tropfen ätherisches Weihrauchöl in die Duftlampe. Es beruhigt die Sinne und sorgt für einen herrlich weihnachtlichen Duft im Raum.
Daniela Diedler,